Deutschland braucht schnellstens ein datengeschütztes zentrales digitales Impfregister!
Seit zwei Jahren leben die Menschen auf der Welt mit der am längsten andauernden Pandemie der jüngsten Vergangenheit. Deshalb wurde der Begriff Impfen zum wichtigsten Wort des Jahres 2021. Inzwischen ist das Wort Boostern noch dazu gekommen. Leider gibt in Deutschland keine verlässlich Übersicht, wer bereits gegen SARS-Covid-2 geimpft ist und wer sich noch impfen lassen sollte. Daher verschickt beispielsweise die Ministerin für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg auch an bereits geimpfte und geboosterte Personen schriftliche Informationsschreiben. Sie bittet darin, dass sich Menschen, die sich noch nicht für eine Impfung gegen Coronavirus entschieden haben, dies nachzuholen. Allen anderen Personen empfiehlt sie eine Auffrischungsimpfung. Das Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin erklärte kürzlich, dass es zwar anonymisierte Daten zur Coronasituation sammelt, das System der Datenübermittlung zwischen den Einrichtungen des Gesundheitswesens jedoch unzureichend funktioniert. Wenn die Gesundheitsämter mit der Datenerfassung wegen Personalmangel oder wegen Schließzeiten nicht in der Lage sind, die Daten zu übermitteln, werden die neu an Corona infizierten Personen in Deutschland nur geschätzt. Daher sind die veröffentlichten Daten oftmals ungenau. Dieser Zustand ist im Zeitalter der Digitalisierung unbefriedigend. Daher bedarf es dringend eines datengeschützten zentralen digitalen Impfregister in Deutschland, in das Impfärztinnen oder jeder Impfärzte ihre Impfungen ohne Zeitverzug digital darin eintragen können.
Der Deutsche Hausärzteverband ist offen für ein datengeschütztes zentrales digitales Impfregister. Allerdings hält die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) die zeitnahe Einführung eines solchen Impfregisters für unrealistisch, obwohl unser Alltag bereits vielfältig von der Digitalisierung bestimmt wird. Im Zeitalter der Digitalisierung darf es keine Hürde geben, ein datengeschütztes zentrales digitales Impfregister in Deutschland anzulegen und zuverlässig zu führen. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Ulrich Kelber, bezeichnete die Einführung eines nationalen Impfregisters datenschutzrechtlich als machbar.
Auch seitens der Bevölkerung dürfte es auch kaum Hindernisse gegen ein solches Register geben, da viele Menschen bereits in der digitalen Welt leben und Digital Devices nutzen. Die Menschen erfassen immer größere digitale Datenmengen über sich und ihr persönlichen Lebensverhältnisse. Mittels Fitness-Apps überwachen und registrieren die winzigen Sensoren der am Körper getragenen Wearables in Form von Fitnesstrackern, Smartwatches oder intelligenten Kleidungsstücken von den Nutzerinnen und Nutzern erwünschte Gesundheitsdaten, wie Herzfrequenz, Puls, Blutzuckerspiegel oder Körpertemperatur. Auch Standortdaten, Daten zum Schlafrhythmus oder Stürze auf der Grundlage von Bewegungen können erkannt werden. Viele Menschen stellen ihre digital aufgezeichneten Vitaldaten oder das erfasste Schlafverhalten ins Internet, um daraus Schlussfolgerungen für das eigene Gesundheitsverhalten oder zur Schlafverbesserung zu generieren. Auch mit smarten Kopfhörern lässt sich das Leben erleichtern, da sie den Nutzerinnen und Nutzern als digitale Assistenten oder Sprachübersetzer dienen können. Zukünftig werden viele Menschen Kleinstcomputer als Datenbrillen haben, die zusätzlich zum Sichtfeld digitale Informationen bereitstellen. Die Self-Tracking-Devices sind zwar dystopische Überwachungsgeräte, aber sie werden bereits von vielen Menschen zur Selbstregulierung der eigenen Gesundheit genutzt. Damit gelangen Big-Daten-Mengen von ihren Nutzerinnen und Nutzern ins Internet und werden in Clouds abgespeichert. Bald wird die Smart Home Technik, mit der Licht, Heizung oder Jalousien ganz automatisch oder mit Smartphone, Tablet und per Sprachassistent gesteuert werden kann, in vielen Häusern und Wohnungen vorhanden sein. Die smarten Haushaltsgeräte, wie Waschmaschinen und Wäschetrockner, Kühl- und Gefrierschränke, Induktionskochfelder, Backöfen, Kaffeevollautomaten, Geschirrspüler, Staubsaugerroboter lassen sich über WLAN mit Smartphone und App bedienen und werden zum intelligente Helfer der Menschen im Alltag. Manche Geräte sind sogar mit Kameras ausgerüstet und bestellen selbstständig fehlende oder verbrauchte Produkte nach. Es ist damit zu rechnen, dass immer kleinere und zugleich billigere Sensoren das Verhalten der Menschen überall erfassen. Alle diese Daten werden bereits gegenwärtig, wenn die Technik genutzt wird, digital gesammelt und IP-bezogen ausgewertet.
Für viele Menschen ist es von großem Vorteil, dass sie als Nutzerinnen und Nutzer des Internets bereits jetzt überall auf der Welt ihre persönlichen Daten erfassen, einsehen und mit anderen teilen können. Beliebt ist besonders, Fotos und kurze Videos, die überall im Urlaub oder auf Fernreisen gemacht werden, mit den zu Hause gebliebenen Menschen zu teilen. Das alles erlaubt Bewegungsprofile oder Verhaltensdaten der Userinnen und User zu erfassen, auszuwerten und weiter zu verarbeiten. Aber das wird von ihnen nicht negativ bewertet. Die Digitalisierung hat sich zu einem weltweiten Megatrend der unterschiedlichsten Gesellschaften entwickelt und wurde von den Menschen angenommen.
Zur Eindämmung des SARS-Cov2-Viruses hat das Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin eine kostenlose App zur freiwilligen Übermittlung von Gesundheitsdaten herausgegeben, um Erkenntnisse zur Verbreitung von Corona-Infektionen in Deutschland zu gewinnen. Die Daten aus den kleinen am Körper getragenen vernetzten Computern werden zur weiteren Erforschung des Coronaviruses beitragen. Die App wurde von der Bevölkerung angenommen.
Wo also ist der Grund, dass in Deutschland kein datengeschütztes zentrales digitales Impfregister eingerichtet werden darf? Es gibt keinen Grund, denn der größte Teil der geimpften oder genesenen Personen hat bereits jetzt seine Daten in einer App auf dem Smartphone gespeichert oder besitzt die entsprechenden QR-Codes. Diese Daten der geimpften oder genesenen Personen werden bei der 2G- oder 2G-plus-Regelung vielerorts ausgelesen. Das wird von den Betroffenen auch akzeptiert, weil sie am öffentlichen Leben teilnehmen wollen. Nicht geimpfte Personen werden damit aber zugleich zunehmend vom öffentlichen Leben ausgeschlossen oder zur Impfung angeregt. Manche Leute betrachten es auch als eine Impfpflicht durch die Hintertür.
So überraschend es klingen mag, ein datengeschütztes zentrales digitales Impfregister würde es möglich machen, ungeimpfte Personen zielgerichtet anzusprechen, da nur eine Impfung der gesamten Bevölkerung der Ausweg aus der Pandemie ist. Egal, wie viele Mutationen vom SARS-Covid-2-Virus es noch geben wird, wir brauchen in unserem Land eine genaue Übersicht, wie viele Menschen geimpft sind und wie viele Nebenwirkungen aufgetreten sind. Nur so wird es möglich sein, den Anteil der geimpften Bevölkerung deutlich zu erhöhen. Das Maskentragen, das Abstandhalten und das Einhalten von Hygienemaßnahmen reicht nicht aus.
Die Hospitalisierung muss durch verstärktes Impfen und Boostern zurückgedrängt werden, um die stark überlasteten Beschäftigten in den Gesundheitsunternehmen zu entlasten. Die Zahlung eines Corona-Bonus an die durch die Krise besonders stark belasteten Pflegkräfte im Gesundheitswesen ist zwar gut, aber zu wenig. Der große Beitrag der Pflegenden in allen Bereichen des Gesundheitswesens am Allgemeinwohl unserer Gesellschaft erfordert von der Solidargemeinschaft einen höheren finanziellen Beitrag. Die Pandemie hat gezeigt, der Personalmangel ist die größte Schwachstelle besonders im Pflegebereich.
Viele Pflegekräfte sind durch die hohe physische und psychische Belastung seit Beginn der Corona-Pandemie am Ende ihrer Kräfte angelangt oder haben bereits ihre Tätigkeit aufgegeben. Wie aus medizinischen Fachkreisen berichtet wird, hat die derzeitige Omikon-Variante zwar einen leichteren Verlauf. Eine höhere Durchimpfungsrate in der Bevölkerung ist dennoch erforderlich, um die schweren Verläufe bei Corona-Erkrankungen weiter zu reduzieren. Damit könnten die Ärztinnen und Ärzte sowie die Pflegenden in den Krankenhäusern entlastet werden.
Ob im Jahr 2022 eine generelle Impfpflicht eingeführt wird, um eine mögliche fünfte Coronawelle, für die wahrscheinlich von der Weltgesundheitsorganisation WHO ein neuer Buchstabe aus dem griechischen Alphabet ausgewählt werden muss, zu verhindern, ist noch ungewiss. Die Bundesregierung muss es sehr bald entscheiden. Das Problem ist allerdings, was im Januar von den Virologen als sinnvoll eingeschätzt wurde, kann im März bereits völlig anders bewertet werden. Daher agiert die Politik in der Pandemie oft viel zu spät.
Die Worte Impfen und Boostern werden auch weiterhin sehr häufig zu hören sein. Ein datengeschütztes zentrales digitales Impfregister wird unverzichtbar werden, um der Verbreitung und der Dunkelzffer von Coronoa-Infektionen entgegenwirken zu können.
Prof. Dr. rer. oec. habil. Herbert Schirmer
Ehrenpräsident des Krankenhaus-Kommunikations-Centrums (KKC)
Ehrenvorsitzender des Deutschen Vereins für Krankenhaus-Controlling (DVKC)