Note Mangelhaft für die Digitalisierung im Gesundheitswesen
Die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) hat in ihrem aktuellen Jahresgutachten der Regierung eine schlechte Schulnote erteilt: „Die Digitalisierung des Gesundheitswesens in Deutschland weist massive Defizite auf.“ Hierzu muss dringend eine Strategie entwickelt und umgesetzt werden, dabei sollten alle relevanten Akteure des Gesundheitswesens einbezogen werden.
Wie kann das sein – zwei Jahre nach dem andauernden Datenchaos der Corona-Pandemie? An der digitalen Technologie kann es nicht liegen, denn die Gutachter beklagen, dass „die zunehmende Verfügbarkeit von Gesundheitsdaten in Verbindung mit modernen digitalen Analyseverfahren eine personalisierte Diagnostik und Therapie ermöglichen könne. … Allerdings werden diese Potenziale in Deutschland verschenkt“.
Zu viele verschiedene Akteure mit unterschiedlichen Verantwortlichkeiten behindern sich gegenseitig. Zusätzlich fehlt bei den Leistungserbringern eine ausreichende Akzeptanz, insbesondere da ein Spannungsverhältnis bei Gesundheitsdaten zwischen IT-Sicherheit und Datenschutz auf der einen und den Potenzialen der Datennutzung auf der anderen Seite besteht.
Die Expertenkommission befürwortet, dass den Versicherten eine DSGVO-konforme elektronische Patientenakte (ePA) über ein Opt-out-Verfahren zur Verfügung gestellt werden soll. Dabei wird ein geringer administrativer Aufwand mit gleichzeitiger DSGVO-Konformität gefordert – die Daten etwa für Diagnosen sollen demnach möglichst niedrigschwellig weitergegeben werden.
Der Koalitionsvertrag der neuen Regierung hatte in der Datenpolitik ein Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) zur „besseren wissenschaftlichen Nutzung von Gesundheitsdaten“ sowie ein Registergesetz angekündigt. Beides ist bisher nicht in Sicht.
Hoffentlich kann da der „Europäische Raum für Gesundheitsdaten (European Health Data Space – EHDS)“ als einer der zentralen Bausteine der europäischen Gesundheitsunion vom 3. Mai 2022 mehr Fortschritt in die Bewegung bringen. Dieser vorgeschlagene Datenraum soll Einzelpersonen die Kontrolle über ihre eigenen Gesundheitsdaten sichern und die europaweite Nutzung von Gesundheitsdaten für eine bessere medizinische Versorgung, für Forschung, Innovation und Politikgestaltung fördern.
Ein kürzlich von Gesundheitsexperten verabschiedetes Eckpunktepapier fordert vom BMG einen Perspektivwechsel beim GDNG: neben dem Schutz von Gesundheitsdaten vor Missbrauch als „Abwehrrecht“ sollte gleichberechtigt ein positives Anrecht der Bürgerinnen und Bürger auf bestmögliche Nutzung vorhandener Gesundheitsdaten verankert werden.
Angesichts der nächsten Corona-Pandemie im Herbst sollte unser digitales Gesundheitswesen endlich mal in die Gänge kommen!