Telemonitoring bald Teil der Routineversorgung bei Herzinsuffizienz?

» Artikel veröffentlicht am 08.07.20, von

 

Fernüberwachung des Drucks in der Lungenarterie und Betreuung durch spezialisierte Pflegekräfte könnte Todesfälle und Krankenhausaufenthalte bei Herzinsuffizienz verhindern helfen. Das hat die von der Würzburger Kardiologin Prof. Dr. Christiane Angermann geleitete Registerstudie MEMS-HF erstmals in Europa gezeigt. Das gerätebasierte Telemonitoring des Pulmonalisdrucks mit dem CardioMEMS (TM) HF System zeigte sich als sicher und erfolgreich. Nun prüft das Deutsche Zentrum für Herzinsuffizienz Würzburg, ob dieses System in Deutschland in die Regelversorgung integriert werden soll.

Fast vier Millionen Menschen leiden in Deutschland unter einer Herzinsuffizienz. Die Ursachen sind komplex. Die Lebenserwartung nimmt stetig zu und akute kardiovaskuläre Erkrankungen werden immer häufiger überlebt – nicht selten mit einer Herzinsuffizienz als Langzeitfolge. Hinzu kommen zahlreiche weitere Erkrankungen sowie gravierende Einschränkungen der Lebensqualität. Diese Volkskrankheit stellt sowohl für die Betroffenen als auch für das Gesundheitssystem eine enorme Belastung dar.

Bei Druckanstieg in Lungenarterie droht Dekompensation

Eine vielversprechende therapeutische Chance bietet die Früherkennung und präventive Behandlung von Verschlechterungen der Herzinsuffizienz. Klinische Symptome dieser sogenannten Dekompensation bemerken die Patienten in der Regel erst in einem fortgeschrittenen Stadium, wenn ein Krankenhausaufenthalt zur Behandlung dieses oft lebensgefährlichen Zustands nicht mehr zu vermeiden ist. Ein Druckanstieg in der Lungenarterie deutet indes meist schon Wochen zuvor die drohende Entgleisung an – früh genug, um durch eine geeignete vorbeugende Therapieanpassung einen weiteren Krankenhausaufenthalt zu verhindern. Das CardioMEMS (TM) HF System bietet die Möglichkeit, mit einem in die Lungenarterie eingebrachten Sensor die Druckwerte täglich zu überwachen. Die Patienten leiten sie mit der elektronischen Patienteneinheit selbst ab und übertragen sie auf eine sichere Website, wo das Betreuungsteam sie überprüfen und je nach Ergebnis die Therapie flexibel anpassen kann.

Weniger Klinikaufenthalte und Todesfälle, mehr Lebensqualität

Die bisherigen klinischen Erfolge waren deutlich: „Die Hospitalisierungsrate war nach der Implantation des Sensors im Vergleich zum Jahr vorher um mehr als 60 Prozent reduziert, und die jährliche Sterblichkeit war mit weniger als 14 Prozent bei diesen Hochrisikopatienten relativ niedrig“, erklärt Prof. Angermann. „Eindrucksvoll war auch, dass sich die Lebensqualität umso mehr verbesserte, je ausgeprägter die Drucksenkung in der Lungenarterie war. Die depressiven Symptome bildeten sich ebenfalls deutlich zurück. Dazu kamen eine während des gesamten Untersuchungszeitraums von zwölf Monaten anhaltende Verbesserung der Herzschwächesymptome bei über 40 Prozent der Patienten und ein hochsignifikanter Abfall des Herzschwächemarkers NT-proBNP.“

„Natürlich erfordert die engmaschige Betreuung viel Kommunikation zwischen Patienten und Betreuungsteam und eine Infrastruktur, in der geschultes Personal zeitnah die richtigen Maßnahmen ergreift, wenn Abweichungen des Lungenarteriendrucks auftreten“, erläutert Prof. Angermann. „Für die Studie wurden in den Zentren Pflegekräfte speziell geschult, die bei den Patienten auch das in Würzburg entwickelte Disease Management Programm anwendeten. Hier lernen Patienten Therapietreue und Selbstfürsorge und erhalten Informationen über das Krankheitsgeschehen“, so die Kardiologin. Abschließend stellt sie fest: „Natürlich ist das CardioMEMS (TM) HF System nur ein Hilfsmittel, es stellt nicht selbst eine Therapie dar. Sein Nutzen hängt daher immer ganz entscheidend von der nachgeschalteten Effektorseite ab, also davon, wie gut das Betreuungsteam das System zur Optimierung der Behandlung nutzt, und wie zeitnah und umfassend gut informierte Patienten die Behandlungsempfehlungen umsetzen. Leider gibt es für diese vielversprechende Betreuungsform bisher von den Krankenkassen keine Finanzierung.“

Weitere Informationen: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32592227/

Quelle: Universitätsklinikum Würzburg

Bild: Abbott, 2020

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